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Wir betreten die Eingangshalle des Sport- und Tanzinternats in Essen-Rüttenscheid und wähnen uns fast wie in einer Hotellobby. Hell und freundlich sieht's aus, nichts erinnert mehr an die nüchternen und kalten Sportschulen und klassischen „Kaderschmieden" früherer Generationen. Viel Liebe, Mühe und Geschmack wurden in die Ausstattung des Internats gesteckt. Es ist Wohn- und Lebensqualität auf höchstem Niveau. „Es ist schon etwas besonderes, hier gefördert zu werden. Junge Menschen sollen sich hier in unserem Hause wohlfühlen. Auch mit der hochwertigen Einrichtung wird eben pfleglicher umgegangen", sagt der Geschäftsführer Horst Melzer. |
Rund zwei Jahrzehnte hat es gedauert, bis dieses Modellvorhaben verwirklicht werden konnte. Zum Schuljahr 1987/88 wurde in der ehemaligen Milchbar des Schwimmzentrums Essen-Rüttenscheid das erste Teilzeitinternat für Schwimmer eingerichtet. Es war Teil des NRW-Landesprogramms „Talentsichtung und Talentförderung'' in Kooperation mit dem benachbarten Helmholtz-Gymnasium. |
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Diese enge Verbindung von Schule und Sport bewährte sich immer mehr. Das Helmholtz-Gymnasium baute seinen Schwerpunkt Sport weiter aus und richtete eigene Sportklassen ein. 1998 folgte dann die Anerkennung als „Eliteschule des Sports" - ein Prädikat, das bundesweit nur 42 Schulen übertragen wurde. Heute ist auch die Elsa-Brändström-Realschule Partner des Verbundsystems Eliteschule/ Leistungssport in Essen. |
Vom Teilzeitinternat zum Vollzeitinternat
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Angeregt durch die Nähe zur Folkwang Hochschule, einer exzellenten Ausbildungsstätte verschiedener Künste, entschloss sich das Gymnasium Werden schon Ende der 1960er-]ahre zu einem Bildungsangebot „Tanz", das mittlerweile - einmalig in Deutschland - als Leistungskurs in das Abitur einbezogen wird. Der hervorragende Ruf des Schwerpunktes Tanz dieses Gymnasiums zieht heute junge Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet nach Essen, um dieses außergewöhnliche Bildungsangebot wahrzunehmen. Der Bedarf für ein Vollzeitinternat war also auch hier gegeben. |
Mit der Realisierung dieses Sport- und Tanzinternats gelang sozusagen eine Symbiose der beiden Kulturbereiche Sport und Tanz. |
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„Nur durch das große Engagement zahlreicher Partner, Freunde und Förderer konnte diese Idee Realität werden", gesteht Horst Melzer. Die Baukosten des Internats wurden aus Mitteln des Landes, der Stadt Essen sowie der Sparkasse und der Stadtwerke aufgebracht. Eine großzügige Spende der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung zur Finanzierung der Baumaßnahme sicherte letztendlich die Verwirklichung. Der neu gegründete Trägerverein „Sport-und Tanzinternat e. V" ist mit der Eröffnung des Hauses im August 2007 für den laufenden Betrieb zuständig. Mit 400 Euro für Wohnen in einem Doppelzimmer inklusive Vollverpflegung und täglicher Hausaufgabenbetreuung ist der Kostenbeitrag für die Bewohner im Vergleich zu anderen Internaten als sehr niedrig einzustufen. „Die soziale Herkunft eines Internatschülers darf nicht ausschlagegebend sein für eine Eliteförderung in unserer Einrichtung", erklärt Horst Melzer. |
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Soziale and pädagogische Verantwortung
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Das Sport- und Tanzinternat betreut zurzeit 50 junge Menschen im Alter zwischen 14 und 21 Jahren im Rahmen des Vollzeitinternats - Schwimmer/ innen, Kanuten/innen, Tennisspieler/innen, Basketballer sowie Tänzer/innen. Hinzu kommen täglich rund 60 Jungen und Mädchen, die im Rahmen des Teilzeitinternats an den Mittagessen und der Hausaufgabenbetreuung durch Lehrer/ innen des Helmholtz-Gymnasiums teilnehmen und danach zu ihrem Training gehen, aber zu Hause wohnen.
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Horst Melzer, selbst jahrelang Trainer von Olympiateilnehmern und Weltmeistern - u. a. Christian Keller und Mark Warnecke -, erläutert die Zielsetzung: „Unser Internat ist kein offener Ganztag für sportbegeisterte Schüler/ innen; es ist eine Einrichtung zur Eliteförderung für Top-Sportler in Verbindung mit folgenden Kooperationspartnern: Stadt Essen, den Schulen, Verbänden und Vereinen, dem Olympiastützpunkt Rhein-Ruhr, verschiedenen Stiftungen und Wirtschaftseinrichtungen. |
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Hier werden Wege erleichtert, in den jeweiligen Leistungsbereichen national und international in die Spitze vorzustoßen." Wer Aufnahme finden will, muss mindestens Mitglied in einem Landes- oder Bundeskader sein, sich überregional durch besondere Leistungen präsentiert haben und durch den jeweiligen Fachverband vorgeschlagen werden.
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Symbiose von Sport und Kunst
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So bietet das Sport- und Tanzinternat mit all seinen Förderstrukturen optimale Bedingungen zum Trainieren, Lernen und Ausruhen. Um den jungen Menschen, deren Tagesablauf von hartem körperlichem Training und mentalen Anstrengungen geprägt ist, ein Gefühl der Geborgenheit zu geben, |
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haben sowohl der Architekt Lothar Jeromin und sein Team als auch das engagierte Internatsbetreuerteam - bestehend aus Dipl. Sozialpädagogen, examinierten Erziehern/innen und Lehrern/innen - ein Wohnumfeld geschaffen, in dem man sich wohlfühlen kann. Und nicht zu vergessen: Mit dieser außergewöhnlichen Symbiose von Sport und Kunst - einmalig in der Bundesrepublik - leistet das Sport- und Tanzinternat in Essen auch einen wichtigen Beitrag zur Kulturhauptstadt RUHR.2010. |
Fotos: Sport u. Tanzinternat, Norbert Wadartzyk
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